Vorwort von zero360: Uns ist die Auseinandersetzung mit unterschiedlichen Meinungen wichtig. Deshalb wollen wir auf unserem Blog nicht nur unseren eigenen Gedanken eine Plattform bieten, sondern auch denen anderer. In unabhängigen Gastbeiträgen lassen wir interessante Stimmen zu Wort kommen. Hier spricht Prof. Dr. Cai-Nicolas Ziegler, CEO der Immowelt AG, über seine Sicht auf Remote Work und Work from Home.
Ein Plädoyer für eine kaleidoskopische Zukunft
Das Corona-Virus hat die Art und Weise, wie wir zusammenarbeiten für immer und ewig verändert. Nichts ist mehr so wie es ist. Wir brauchen keine Büros mehr, jeder arbeitet von überall und es ist super. Derartige Lobeshymnen auf die schöne neue Arbeitswelt sind nicht die Ausnahme, sondern die Regel. Dass sich unsere Arbeitsweise jetzt endlich verändern wird und dies besser ist als je zuvor gilt nicht als Hypothese, sondern als erwiesen.
Durch den ehernen Griff von Covid-19 wurden alle „white-collar“ Unternehmen dazu genötigt, ihre Mitarbeiter ins work from home (WFH) zu schicken. WFH, ein anderer Begriff für Home Office oder Remote Work, war bis dato im Gros der Unternehmen geradezu verpönt und Synonym für „laissez faire“ und Mangel an Disziplin. Kann ja nicht funktionieren. Doch siehe da, es klappt! Kein Wandel ohne Druck, und hier kam der Wandel auf Hermes-gleichem. Eine positive Entwicklung, auf die nicht oft genug das Loblied angestimmt werden kann. Was auch allerorten getan wird.
Eine positive Entwicklung, auf die nicht oft genug das Loblied angestimmt werden kann. Was auch allerorten getan wird.
Mehr als „wieviel WFH gibt’s bei euch“?
Schon sehen die Lenker großer Konzerne, die bislang als uncool, rückständig und definitiv nicht als Vorreiter und Vordenker der schönen neuen Welt galten, ihre große Stunde gekommen. Um sich auch endlich mal einen Anstrich von „hip“ und „new work“ zu geben. Darunter solche Tanker wie Siemens oder Vodafone. Der CEO des letztgenannten Tankers, Hannes Ametsreiter, inszeniert sich dabei wirkungsvoll als der nach vorne gewandte, moderne Lenker, der mit seiner frohen Kunde gerne auch durch Szeneformate wie den Online Marketing Rockstars Podcast & Consorten tingelt. Vodafone gesteht nicht 50%, nicht 60%, sondern ganze 90% „work from wherever“ zu. Ein Raunen geht durch die Menge, die Mitarbeiter sind begeistert.
Tatsächlich ist dies auch die Frage, auf die jeder Diskurs zum Thema „wie arbeiten wir morgen zusammen“ zu reduziert werden scheint: „Wieviel WFH gibt’s bei euch?“.
Dabei ist diese Frage nicht falsch. Sie muss gestellt werden. Denn es ist auch klar, dass ein Arbeiten wie gestern, bei dem jeder immer brav im Büro sitzt – egal bei welcher Tätigkeit – und sich Home Office darin erschöpft, dass man einmal im Monat einen halben Tag von zuhause arbeiten darf, eben wenn sich der Telekom-Mann oder ein Handwerker ankündigt, nicht der Weisheit letzter Schluss ist.
Aber es ist eben auch nicht die einzige Frage. Und sicher nicht die erste. Ich bin überzeugt davon, dass Unternehmen, die nur diese beantworten und hier einen möglichst hohen Prozentsatz anschreiben (so wie Mr. Vodafone) in spätestens zwei Jahren vor großen Herausforderungen stehen werden.
Mehr als nur eine Frage des Prozentsatzes
Denn die Prozentsatzfrage zu beantworten ist eine radikale Simplifizierung des gesamten Sachverhaltes. Davor steht eine ganze Menge anderer Fragen, die beileibe nicht so trivial sind. Die sich unter den gemeinsamen Nenner zusammenfassen lassen „wie können wir sinnvolle Zusammenarbeit und Kommunikation durch einen Mix von Arbeit im WFH und im Büro sicherstellen“.
Wie können wir sinnvolle Zusammenarbeit und Kommunikation durch einen Mix von Arbeit im WFH und im Büro sicherstellen?
WFH sehe ich hierbei als Überbegriff für „remote working“, umfasst also auch mobile Office. Denn es ist irrelevant ob es ein Arbeiten von zuhause oder irgendwo sonst ist, solange es sich um einen Ort handelt, an dem sinnvolle Arbeitsbedingungen sichergestellt werden können.
Lasst uns also diese zentrale Frage beantworten, dann die Frage nach dem Prozentwert. Warum muss es diese Frage überhaupt sein, denn „die Arbeit aus dem WFH funktioniert doch so gut“, wie es von allen Seiten zu vernehmen ist?
Ist es das wirklich? Ist es das immer? Unbenommen ist, dass ein Arbeiten im WFH oftmals konzentrierter ist als im turbulenten Büro, wo man nicht alleine sitzt. Nur ist ein Großteil unserer Arbeit heute eben keine stille Arbeit in der Isolation mehr, sondern eine sehr partizipative im Team, bedingt durch die komplexen Abhängigkeiten dieser Arbeit. Auch hier kann man noch ins Feld führen, dass Meetings per Video Conference (VC) oftmals effizienter sind, zielgerichteter. Alle geben sich mehr Mühe und kommen schneller zum Punkt.
Aber unsere Zusammenarbeit wird langfristig eben nicht nur gut, wenn sie rein „effizient“ ist, auf das Wesentliche reduziert. Wir sind soziale Wesen, die nach Austausch, nach Wertschätzung, nach menschlicher Nähe und Leichtigkeit dürsten. Was passiert mit der spontanen Begegnung am Kaffeeautomaten (bei der nicht nur unser Bedürfnis nach sozialer Nähe und Austausch befriedigt wird, sondern oft auch Informationen ausgetauscht werden – geradezu nebenbei – die auch im Sinne des Unternehmens Wert stiften). Was passiert mit dem spontanen Schulterklopfen, mit „Management by walking by“ und all diesen scheinbar sinnlosen und wenig effizienten Dingen?
Das Thema „future working mode“ ist eines, das nicht gelöst ist. Wir alle betreten Neuland. Dies hat mich dazu veranlasst, den Austausch mit möglichst vielen anderen Unternehmen zu suchen. Zu lernen, wie sie sich dem Thema nähern. Gleichsam sich mit Menschen zu unterhalten, die auf diesem Gebiet forschen und dank Empirie Ergebnisse zutage fördern, die uns alle leiten.
Die beste Form der Zusammenarbeit ist die vor Ort
Eine Invariante, die sich dabei mit jedem Gespräch, jedem Webinar und jedem gelesenen Artikel stärker manifestierte, ist die dass – was wir auch tun – die beste und natürlichste Form der Zusammenarbeit und der Kommunikation die ist, bei der alle an einem Ort zusammenkommen.
Dieser Satz ist bedeutsam, darum kann er nicht genug Raum für sich beanspruchen:
Die beste Form der Zusammenarbeit und der Kommunikation ist die, bei der alle an einem Ort zusammenkommen.
Alles, was wir im WFH tun, um die Zusammenarbeit im Team ideal zu gestalten, ist ein „Nachbauen“ und Emulieren von Verhaltensmustern, die wir auf natürliche Weise bei der Arbeit an einem Ort an den Tag legen. Der eingeplante „5-Minuten Kaffeeplausch“ per VC genauso wie der aktiv sich vorgenommene Small Talk (idealerweise von der Führungskraft angestoßen, wie uns aktuelle Erkenntnisse aus der Zusammenarbeit im WFH lehren).
Zurück zu alten Zeiten? Sicher nicht
Um das klarzustellen: Dies ist kein Plädoyer für die Rückkehr zu alten Tagen. Es gibt zahlreiche Momente und Situationen, in denen dem WFH bzw. remote work klar der Vorzug zu geben ist. Z.B. wenn konzentriertes und nicht durch äußere Einflüsse gestörtes individuelles Arbeiten erforderlich ist. Zudem gibt es die Gegebenheiten, wo das Arbeiten vor Ort gar nicht oder nur schwer möglich ist. Weil es eben ein Arbeiten über verschiedene Orte hinweg ist. Dann ist remote work nicht eine Alternative, sondern die einzig Sinnvolle. Hier hat Corona auch bereits eine sehr heilbringende Wirkung entfaltet und die Zahl der Geschäftsreisen, wo für ein Meeting von wenigen Stunden auch gerne mal transnational gereist wird, drastisch reduziert.
Auch ist der Wunsch unserer Mitarbeiter nach Flexibilität und nicht-rigiden Arbeitsstrukturen ein Wunsch, dessen Erfüllung einen Wert für die Qualität unserer Arbeit und Zusammenarbeit an sich hat. Zufriedenheit unserer Mitarbeiter ist zwar kein Selbstzweck, aber zugleich eine notwendige (wenn auch nicht hinreichende) Bedingung für gute Leistung.
Und manchmal ist gar die Effizienz und Disziplin, zu der uns eine VC zwingt – ja geradezu nötigt – eben doch auch nicht zu verachten.
100% kann nicht die Lösung sein
Die Frage des WFH ist somit eine Frage der sinnvollen Gewichtung und des Wie, des Warum und des Wann:
Google, Facebook und Co. lassen wissen, dass ihre Mitarbeiter gar nicht mehr zurück ins Büro kommen müssen wenn sie nicht möchten. Was nach einem immensen Zugeständnis klingen soll, erscheint in meinen Augen wie eine kalte, technokratische und geradezu gleichgültige Sicht auf Mitarbeiter. Ein kurzes Schulterzucken, das seine soziale Rolle im Unternehmensgefüge abschüttelt wie eine Altlast. Ein Abgesang auf die Unternehmenskultur, denn worin soll diese nun noch bestehen?
Die Frage des WFH ist eine Frage der sinnvollen Gewichtung und des Wie, des Warum und des Wann.
Wenn alle nur noch per VC kommunizieren, zu 100%, dann reduziert sich automatisch der soziale Radius eines jeden auf diejenigen wenigen „Stakeholder“, mit denen sie oder er direkten fachlichen Austausch pflegt. Um andere zu Gesicht zu bekommen müsste jene/r genau das zuvor Genannte tun, nämlich auf Biegen und Brechen – auf sehr artifizielle Weise – derartige natürliche Muster emulieren und nachbauen: Ein „Kaffeeraum“ bei Slack, den ich betreten kann und dort mit anderen Mitarbeitern chatten kann, die ebenso gerade soziale Sehnsüchte hegen. Ein Durchgehen von Listen von Personen, um zu sehen, wen ich „mal wieder treffen müsste“ – weil es sonst eben nicht geschieht.
Teams, die vor Ort zusammenarbeiten sind zufriedener. Auch das ist Ergebnis einer Studie. Weil wir eben soziale Wesen sind, die – vielleicht nicht jeden Tag, aber eben doch sehr regelmäßig – den direkten Austausch mit anderen brauchen.
Fernseherische Müdigkeit
WFH und VC haben noch eine weitere Schattenseite, von der insbesondere Führungskräfte und Mitarbeiter zu berichten wissen, die den ganzen Tag in Meetings festhängen – ein neues Phänomen, für das es auch bereits einen Namen gibt: die „Zoom Fatigue“, eine nach dem bekannten VC Tool Zoom benannte Müdigkeit.
Dabei handelt es sich um das Phänomen, dass wir in einer Video Conference nicht mehr direkt einander anschauen – was bei einer 1:1 VC zumindest theoretisch noch möglich wäre (aber durch eher technische Gegebenheiten wie die Position von Kamera und Blickrichtung dann doch unterbunden wird), bei einer one to many VC bereits nicht mehr vorstellbar ist. Maximal kann man davon sprechen, dass wir einander beobachten. Wir sehen uns nicht in die Augen, geben dem anderen nicht die auch für ihn selbst sichtbare, volle Aufmerksamkeit. Viele wertvolle Informationen aus Gestik und Mimik, die wir sonst unterbewusst wahrnehmen und verarbeiten, mit jener Kleinhirn-automatisierten Leichtigkeit, entfallen.
Wir beobachten und werden zugleich beobachtet. Und beobachten uns selbst dabei, wie wir von anderen beobachtet werden. Weil wir uns selbst sehen und diese Selbstwahrnehmung sofort auch einer Bewertung unterziehen. Unter dem Radar zu bleiben ist unmöglich und wir sind uns in jeder Sekunde dessen bewusst.
Gianpiero Petriglieri, ein Professor am INSEAD (MBA-Schmiede insbesondere für Top Mgmt. Berater und Investmentbanker), brachte dies in einem Interview mit dem BBC metaphorisch und plakativ auf den Punkt:
„Eine Videokonferenz mit vielen Leuten ist wie Fernsehen, aber der Fernseher selbst schaut zurück“.
Die beiden genannten Faktoren, zum einen das Entfallen vieler nonverbaler Hinweise, Gestik, Mimik, Prosodik, Proxemik, zum anderen das Beobachten unserer selbst, erfordere viel Energie. Sehr viel mehr Energie als das in einem vor-Ort Setting der Fall wäre.
Darum sind wir am Abend eines mit VC zugepflasterten Tages auch so unfassbar erschöpft. Davon weiß der Autor dieses Papiers selbst zu berichten. Die Zoom Fatigue lässt grüßen.
Ein Grund mehr, dass dieses remote working nicht der permanente Zustand sein sollte, der für uns die einzige Realität ist.
Hybrid ist auch keine Lösung
Wenn 100% oder klar mehrheitliches VC keine Lösung ist, sondern die Würze im Mix liegt, aus den zuvor genannten Gründen, dann ist die Hoffnung auf eine einfache Lösung passé.
Die Hoffnung auf eine einfache Lösung ist passé.
Und bislang offenbarte sich kein Ansatz, der gänzlich zufriedenstellende Antworten auf die schwierigen Fragen gibt, die man sich durch einen offeneren Modus einkauft. Einen Modus, der weder komplett das Office postuliert, noch das Gegenteil ermöglicht, nämlich remote work immer und überall.
Fragen, die sich auf den Erhalt der Kultur, der Wertschätzung, der spontanen Begegnung und des Austauschs beziehen. Fragen, die sich aber auch mit der Sicherstellung von Ergebnissen und einem angepassten Führungssystem beschäftigen.
Denn einer der „elephants in the room“ ist doch auch der, dass Vertrauen im WFH gut funktioniert – aber eben auch nicht bei jedem. Dass es denjenigen, die das Vertrauen missbrauchen und mit der kompletten Freiheit nicht angemessen umgehen, jedoch leichter gemacht wird.
WFH und Flexibilität sind per se förderlich für Motivation und Zufriedenheit. Aber nicht jeder ist zu jedem Zeitpunkt intrinsisch motiviert – sodass er die Arbeit während der (flexiblen) Arbeitszeit über jegliche andere Dinge stellt. Die Absenz von Signalen, dass im Rahmen der Arbeit noch immer das betriebliche Erfordernis über dem individuellen Bedürfnis steht, und dass die Sicherstellung von Ergebnissen unabhängig vom Arbeitsort erforderlich ist, kann den Missbrauch des Vertrauens befeuern.
Durch WFH und mobile work werden so neue Ansätze der Führung nötig, die Führungskräfte und ihre Teams gemeinsam erlernen. Ansätze, welche auf die Sicherstellung von Leistung und Ergebnis abzielen; darauf, Orientierung und Führung zu geben (das neudeutsche „Guidance“ bringt es am besten zum Ausdruck) – ohne wie Gängelung und Prozesskontrolle zu wirken. Diese Ansätze können ganz unterschiedlich sein, SCRUM Teams haben hier durch die bewährten Daily Standups – bei denen jeder kurz und knapp sagt, womit er sich am heutigen Tag beschäftigt und welches Ergebnis er erwartet – einen Erfahrungsvorsprung. Diese haben sich übrigens auch im Managementkreis bewährt. Kurz, knapp, auf den Punkt.
Durch WFH und mobile work werden neue Ansätze der Führung nötig.
Ein anderer Ansatz, der leicht implementierbar und insbesondere im Vertrieb von Erfolg gekrönt ist, ist die 1-Minute-Mail: eine Mail, die nicht mehr als eine Minute in Anspruch nimmt. Die das Ergebnis des heutigen Tages kurz und knapp in wenigen wesentlichen Kennzahlen zusammenfasst: wieviele Termine wurden wahrgenommen, wieviele vereinbart, wieviele Verträge abgeschlossen.
Im Office und doch alles Remote Work?
Es stellen sich weitere Fragen. Fragen, die sich auch darauf beziehen, wie denn das Nebeneinander von Arbeiten im Office und remote work ausgestaltet sein kann. Denn geradezu erwiesen ist die Erkenntnis, dass „hybride Meetings“ nicht erstrebenswert sind. Also Meetings, bei denen ein Teil der Teilnehmer vor Ort ist, ein Teil aber auch remote. Darum hybrid.
Gibt es keine Strukturen im Team (oder zwischen kooperierenden Teams), die regeln, wann wer von wo arbeitet, kann es leicht Situationen geben, bei denen das Gros der Teilnehmer eines Meetings vor Ort ist – das Meeting dann aber doch per VC realisiert wird, weil eben nicht alle im Office sind. Da reicht es dann bereits, wenn genau einer fehlt – auch in einem zehnköpfigen Team.
Im Extremfall führt dies dazu, dass Mitarbeiter zwar im Büro sitzen, aber dann doch wieder den ganzen Tag (oder einen Großteil dessen) in VCs verbringen. Frustrierend? Mit hoher Sicherheit.
Wie kann man dem begegnen? Zum Beispiel indem man einen Präsenztag je Team festlegt. Einen Tag, an dem alle da sind. Damit das Team zusammenkommt, sich sieht und nicht einfach nur einander über die Videokonferenz beobachtet.
Jetzt gerade, in der akuten Phase von Covid-19, bringt dies Herausforderungen des Abstands mit sich. Mehr als 1,5m sollten es schon sein. Aber auch das lässt sich lösen. Nämlich durch die Nutzung der Büros von benachbarten Teams (die ihren Präsenztag eben an einem anderen Tag haben). Vielleicht müssen wir uns verabschieden von der Idee, dass jeder seinen festen, angestammten Arbeitsplatz hat. Vielleicht ist auch dieser Gedanke nicht mehr im Sinne des Zeitgeists.
The times, they are a-changin’ …
Um es auf den Punkt zu bringen: WFH und remote work kommen. Stärker denn je. Das ist gut; nicht nur das: in unserer komplexen und vernetzten Welt ist es sogar unabdinglich. Und es ist auch ethisch-moralisch richtig, um Mitarbeitern mehr Flexibilität in der Gestaltung ihres Lebens zu geben. Dort, wo dies möglich und mit den Interessen des Unternehmens vereinbar ist. Was es an deutlich mehr Stellen ist als bisher eingeräumt und zugestanden wurde. Im Ergebnis führt dies zu zufriedeneren Mitarbeitern, da sie z.B. auch Kinderbetreuung und Arbeit besser vereinen können.
WFH und remote work kommen. Stärker denn je. Das ist gut.
Wer die Hoffnung hat, dass es dadurch einfacher wird, wird jedoch sicherlich eines Besseren belehrt. Eine sinnvolle Arbeitswelt ist weder schwarz noch weiß, weder „alle im Office“ noch „alle im WFH“. Wir reden über Graustufen. Und sich diese Graustufen zu erarbeiten und nutzbar zu machen gelingt nicht durch das platte Festlegen von Prozentsätzen. Sondern durch die Beantwortung vieler sich stellender, neuer Fragen – nach (Unternehmens-)Kultur, Wertschätzung und Schaffung sozialer Nähe, natürlich auch Sicherstellung von Ergebnissen (und entsprechenden neuen Instrumenten, um dies remote zu unterstützen und sichtbar zu machen), neuen Arbeitsprozessen und Formen der Zusammenarbeit.
Wie sehen die Antworten auf diese schwierigen Fragen aus? Darauf habe ich auch (noch) keine zufriedenstellende Antwort. Niemand hat sie aktuell. Es ist fraglich, ob es die eine richtige Antwort auf eine jede Frage überhaupt gibt. Vermutlich ist die Ausgestaltung nicht einmal im selben Unternehmen für alle Teams gleich, sondern an die Umstände und jeweiligen Rollen angepasst. Während wir uns die neue Arbeitswelt Stück für Stück erarbeiten, lernen wir. Sozusagen im Gehen. Vermutlich werden es Baukästen sein, mit wähl- und anpassbaren Ansätzen, zu denen wir greifen und mit denen wir die Arbeitswelt je Team gestalten.
Bob Dylan sang einst “the times, they are a-changin’”. Das sind sie, diese Zeiten. Ganz sicher. Das Herbeiführen wird nicht einfach sein. Und Vorreiter in der reinen „Prozentsatzfrage“, à la Vodafone und Silicon Valley Haute Couture, sind eher kontraproduktiv als hilfreich. Aber es werden bessere Zeiten sein. Der Aufwand ist es wert.
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Gastbeitrag