Es ist paradox: Seit Jahren beschweren sich Chef:innen sowie Angestellte über sinnlose Meetings. Doch das Problem wird offenbar stillschweigend akzeptiert. Dabei gibt es Mittel und Wege, den Meeting-Frust hinter sich zu lassen. Nur muss man diese kennen und anwenden.
Dass dies dringend notwendig ist, zeigt eine Umfrage des Software-Unternehmens Workfront: Die Tochter des Adobe-Konzerns befragt regelmäßig 3750 Wissensarbeiter:innen in den USA, Deutschland, den Niederlanden und dem Vereinigten Königreich. Seit Jahren rangieren bei den Befragten unnötige oder sinnlose Meetings ganz oben auf der Liste der größten Störfaktoren in ihrem Job. In Deutschland beantworteten 64 % der Befragten die Frage „Which of the following [things], if any, ever get in the way of work?“ mit „Wasteful meetings“ – deutlich vor „Excessive mails“ mit 49 %.
Was derzeit in Meetings falsch läuft
In der Business-Welt kursieren zwar allgemeine Ratschläge wie „Habt eine Agenda“, „Beginnt pünktlich“ oder „Verteilt klare Arbeitspakete“ und konkrete Techniken wie die „5 Whys“ für die Problemanalyse oder das „5-Finger-Feedback“ für strukturierte Rückmeldungen. Doch sie helfen in diesem Zusammenhang nur wenig.
Ein Grund dafür ist die Art und Weise, wie Meetings derzeit ablaufen: Auf der Agenda steht beispielsweise „Strategieprozess“ – doch bis zum Beginn dieses Punktes weiß kaum jemand, was sich dort ereignen soll: Soll diskutiert werden? Wird der Zwischenstand mitgeteilt? Braucht es eine Entscheidung? Am Ende sitzen alle mit unklaren Erwartungen im Meeting, füllen die Zeit mit unstrukturierten Gesprächen und erzielen am Ende nicht die notwendigen Ergebnisse.
Zwar ist der Unmut über die verschwendete Zeit groß, doch kaum jemand will die Sitzung ordentlich vorbereiten. Schließlich hat jeder noch genug andere To-dos und Termine auf dem Zettel. Genau da liegt der größte Knackpunkt: die fehlende Vorbereitung.
Mit methodischer Vorbereitung gegen den Meeting-Frust
Jedes Meeting – und möglicherweise sogar jeder Agendapunkt – verfolgt ganz eigene Intentionen: Mal soll diskutiert, mal soll eine Entscheidung getroffen, mal sollen Ideen gesammelt werden. Jedes dieser Ziele erfordert unterschiedliche Methoden, die im Vorfeld geklärt werden müssen.
Diese Vorbereitung benötigt einiges an Wissen. Daher haben wir mit unseren Meeting Design Cards eine Unterstützung für die Vorbereitung von Meetings entwickelt, mit denen man die unterschiedlichen Bausteine direkt vor Augen hat. So lässt sich leichter erkennen, welche Methoden zur Auswahl stehen und wie diese optimal eingesetzt werden können.
Alle Methoden, Tools und Formate aufzulisten, würde den Rahmen sprengen. Daher werden hier als Einstieg ein paar wichtige Erkenntnisse dargelegt:
- Der Informationsaustausch sollte schon vor der Sitzung beginnen
Die Tagesordnung für ein Meeting sollte den Teilnehmer:innen bereits lange vor dem Treffen zugänglich gemacht werden. So können diese die Agenda bereits im Vorfeld mit Informationen befüllen und Diskussionen im Dokument starten. Durch diese asynchrone Kommunikation können Teilnehmer:innen Beiträge beisteuern, wann immer es ihnen zeitlich möglich ist. Sie müssen sich also nicht mit den anderen Kolleg:innen zur gleichen Zeit im selben Raum befinden und womöglich sogar Diskussionen beiwohnen, die sie gar nicht oder nur minimal betreffen. Das legt Ressourcen frei, spart Zeit und verringert Kosten.
- Ein Meeting kann auch still ablaufen
Statt sofort miteinander zu reden, können die Sitzungsteilnehmer:innen zuerst über die Kommentarfunktion eines kollaborativen Texteditors weiter asynchron miteinander diskutieren. Nur die offen gebliebenen Punkte dieses schriftlichen Dialogs landen auf der Agenda für die mündliche Besprechung. Dadurch sind alle Teilnehmer:innen auf dem aktuellen Stand und bei der anschließenden Sitzung müssen keine Inhalte wiederholt werden. Der Fokus der synchronen Arbeitszeit wird so ganz für die gemeinsame Erarbeitung von Ergebnissen genutzt.
- Die Rollen müssen eindeutig verteilt sein
Wenn nicht klar ist, wer als Zuhörer:in, Beitragende:r oder Entscheider:in fungiert, entsteht Verwirrung. Manche Meeting-Organisator:innen beschweren sich darüber, dass Anwesende nur konsumieren und nichts beitragen. Vielleicht liegt es aber daran, dass sie gar nicht wissen, was ihre Funktion in dem Meeting ist. Eine klare Rollenverteilung ist ungemein wichtig.
- Regelmäßig wiederkehrende Meetings sind oft ineffizient
Gerade bei sich wiederholenden wöchentlichen Treffen fällt der Elan zur Vorbereitung gering aus, da meist aktuelle Ereignisse besprochen werden und die Teilnehmer:innen manchmal nur das beisteuern, was ihnen gerade in den Sinn kommt. Die Treffen verlaufen daher unstrukturiert und ineffizient. Bei außerordentlichen Meetings ist die Motivation zur Vorbereitung viel höher. Schließlich will die/der Organisator:in nicht als Zeitfresser:in dastehen. Auch Regelmeetings brauchen daher – wie alle Meetings – klare Ziele und Strukturen.
Grundsätzlich unterliegt die Business-Welt einem Denkfehler: Sie versteht Meetings lediglich als einen Ort für formale Gespräche. Dabei gibt es noch so viele weitere Einsatzbereiche.
Meetings auszurichten, ist eine Fähigkeit, die man lernen kann – oder besser: lernen muss.
Für eine effizientere Gestaltung von Meetings gibt es zwei mögliche Lösungsansätze, die sich für uns bewährt haben:
1. Unternehmen vermitteln all ihren Mitarbeiter:innen ein grobes Verständnis von gelungenen Meetings
oder
2. sie ernennen geschulte Meeting-Organisator:innen.
Meetings auszurichten bedeutet eben mehr, als einen Kalendereintrag zu verschicken. Es erfordert Zeit, methodische und organisatorische Fähigkeiten sowie Empathie. Vielleicht braucht es in unserer modernen Welt nicht nur Scrum-Master, sondern auch Meeting-Master.
Der Autor Marco Springer ist Coach für Führungskräfte. Zuletzt half er fünf Abteilungsleiter:innen aus einem drei Monate währenden Entscheidungsstau – indem er ihre Gedanken klar strukturierte und darauf aufbauend ein Meeting vorbereitete.
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Verfasst von:
Marco Springer