Transformation

Wie sag ich’s ihnen?

Fünf Schritte für aufgeräumte Kommunikation in Transformationsprozessen

Johannes Meyer
August 12, 2020
3min Lesezeit

Wenn sich Organisationen verändern oder auf Veränderungen reagieren müssen, ist präzise gestaltete und gesteuerte Kommunikation essentiell. Oft sind die leitenden Akteure selbst unter Druck, müssen schwere Entscheidungen treffen und haben eigene Gefühle und Ängste.

Wie also kann man in einer solch emotionalen Situation effektive und empathische Kommunikation strukturiert gestalten?

Anbei ein Gestaltungsprozess in fünf Schritten, wie wir ihn in Transformationsprojekten nutzen. Er lässt sich als Workshop in ca. 2 Stunden umsetzen und ist in unseren Projekten oft Abschluss von Formaten, in denen schwerwiegende strategische Entscheidungen getroffen wurden, die in die Organisation kommuniziert werden müssen.

Ablauf und vorgeschlagene Zeiteinteilung für die fünf Schritte

1. Empathie aufbauen

Wenn ein Entscheidungsgremium gerade Stunden oder Tage mit der Abwägung von Handlungsoptionen verbracht hat, ist es oftmals schwierig aus dem Strudel der Argumente und Optionen herauszukommen. Für die Gestaltung einer empathischen Kommunikation ist es aber essentiell, für einen Moment zu „vergessen“ was wir über den Sachverhalt wissen und sich auf die Perspektive der Empfänger einzulassen. Unsere konkrete Empfehlung ist, zunächst eine unsortierte Liste an Empfängergruppen festzuhalten.

Wen wird unsere Kommunikation erreichen? Empfängergruppen können sich z.B. an Abteilungen orientieren, aber noch eher an ihrem Verhältnis zum Sachverhalt: Stark Veränderungsbetroffene, ewige Optimisten, Schwarzmaler, jetzt schon Frustrierte…

Im zweiten Schritt empfiehlt sich eine detaillierte Auseinandersetzung mit vermuteten Bedürfnissen, Sorgen und Fragen jeder einzelnen Gruppe. Es eignen sich Zitate: Was würde die Gruppe derzeit zum Thema sagen? Fiktive Beispiele aus einer Reorganisation:

Alle: „Wird es Kündigungen geben?“
Abteilungsleitende: „Muss ich Mitarbeitende abgeben?“
Abteilung X: „Bekommen wir schon wieder eine neue Chefin?”
Team Y: „Können wir unser Projekt noch abschließen?“
Führungskraft Z: „Warum hat mir das keiner früher gesagt?“
Eltern: „Wie soll ich das familiär auf die Reihe kriegen?“

So kann die Sammlung von Empfängergruppen aussehen.

Bei dieser Analyse ergeben sich oft bereits Muster, die insbesondere die inhaltliche Kommunikationsgestaltung beeinflussen — gibt es Empfängergruppen, die sich sehr ähnlich sind? Oder Sonderfälle, die anders ticken als die Mehrheit? In diesem Schritt geht es darum, Bedürfnisse und Gefühle zu erkennen, die in der Kommunikation berücksichtigt werden müssen, nicht darum, die jeweiligen Gruppen auch gesondert anzusprechen.

2. Botschaften sammeln

Eine gute und transparente interne Kommunikation baut auf klaren Botschaften auf und soll im besten Fall keine Fragen unbeantwortet lassen. Mit Blick auf die Bedürfnisse der Empfängergruppen empfiehlt es sich, alle Botschaften zu sammeln, die in der Kommunikation berücksichtigt werden sollen bzw. müssen. Das können im ersten Schritt zunächst mehr Botschaften sein als die Kommunikation umfassen kann. Wichtig ist, dass keine relevanten Punkte vergessen werden.

Eine einfache Liste an Botschaften

3. Botschaften sortieren

Die unstrukturierte Liste an Botschaften kann nun sortiert werden, dabei können folgende Kriterien eine Rolle spielen:

  • Empfängergruppen: Welche Botschaften sind wirklich für alle relevant? Welche Gruppen oder Personen müssen darüber hinaus gesondert adressiert werden?
  • Priorisierung: Welches sind die wirklich relevanten Botschaften? In einer Live-Kommunikation wie einem All-Hands lassen sich in der Regel maximal drei Kernbotschaften zu einem Thema platzieren. Alles andere sollte z.B. über ein FAQ erfasst und bereitgestellt werden.
  • Reihenfolge: Die Reihenfolge der Botschaften darf nicht zufällig sein. Es gilt: Keine langen Herleitungen für Antworten auf Fragen, die Empfängern unter den Nägeln brennen. Stattdessen lieber: Kernbotschaft vorgreifen — Herleitung anschließen — Kernbotschaft wiederholen.
Botschaften mit entsprechender Sortierung.

4. Formate entwickeln

Wenn eine Botschaft möglichst viele Mitarbeitende zur gleichen Zeit erreichen soll, reicht es meist nicht „nur“ ein großes Meeting einzuberufen. Kaum ist jemand krank, im Notdienst oder nur virtuell zugeschaltet, entsteht ein Informationsungleichgewicht, das die weitere Kommunikation unsauber macht und innerhalb einer Organisation für Irritationen sorgen kann. Aufbauend auf den sortierten Botschaften und den zu erreichenden Empfängern gilt es deshalb, passende Kommunikationsformate zu entwickeln und mit den priorisierten Botschaften zu befüllen.

Dabei gilt: Redundanz ist besser als jemanden zu vergessen oder vielleicht nicht zu erreichen. Wichtig ist auch, den Umgang mit Fragen oder Rückmeldungen vorzubereiten: Es ist leicht zu sagen: „Wir machen dann noch ein Q&A“ — aber die möglicherweise aufkommenden Fragen müssen ebenso präzise vorbereitet werden wie der restliche Inhalt. Darüber hinaus muss ein vertraulicher Kanal für Rückmeldungen geschaffen werden, falls Mitarbeitende ihre Sorgen nicht mit allen teilen wollen. So bekommen Einzelthemen den nötigen Raum ohne eine Eigendynamik zu entwickeln, die die darüber liegenden Kernaussagen verdrängt.

Formate folgen aus Empfängern und Botschaften.

5. Testlauf einplanen

Veränderungsbotschaften brauchen Feedback. Missverständnisse können aus einzelnen unglücklich gewählten Worten oder Intonationen entstehen. Wenn die Kommunikation live erfolgt, sollte es einen Trockenlauf mit einem ehrlichen und divers aufgestellten Feedback-Panel geben, in dem die anstehende Situation möglichst real nachgestellt wird. Schriftliche Kommunikation sollte von kritischen Augen gegengelesen werden. Auch hier lohnt sich wieder ein Blick auf die identifizierten Zielgruppen: Wie könnten verschiedene Empfängergruppen das Gesagte aufnehmen? Welche Missverständnisse oder Störgefühle könnte es geben?

Nicht angenehm, aber wichtig: Testläufe von kritischer Kommunikation.

Mit einer stringenten Moderation ist dieser Planungsprozess bei kritischen Entscheidungen in zwei Stunden durchführbar und führt nach unserer Erfahrung zu einer präzisen, empathischen Kommunikation in Momenten der Transformation.

Wenn Sie sich weitere Unterstützung für die Begleitung Ihres Transformationsprozesses wünschen oder Fragen zum hier vorgestellten Ablauf haben, dann hier entlang. Wir greifen auf Erfahrung in unterschiedlichsten Unternehmen und Organisationen zurück und freuen uns auf das Gespräch mit Ihnen.

Verfasst von:

Johannes Meyer

Johannes ist in seinem Element, wenn Entscheidungen in Gruppen komplex, vielschichtig und ungewiss sind. Er moderiert deshalb für viele Organisationen Strategie- & Transformationsprozesse. Darüber hinaus gestaltet er gerne Lernerlebnisse und lustige Übungen zu Innovationsmethoden.

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