Früher war alles einfacher…
Wenn ein Unternehmen früher ein Problem hatte – fallende Umsätze, steigende Kosten, schleppende Prozesse –, wurde einfach für drei Monate eine Unternehmensberatung ins Haus geholt, die sich dem Problem annehmen sollte. Am Ende des Projekts gab es ein paar schicke Präsentationen, neu aufgesetzte Prozesse und die Überzeugung, dass das Problem nachhaltig gelöst wurde.
Komplexe Probleme erfordern neue Lösungsansätze
Was früher in klassischen Beratungskontexten funktioniert hat, gerät heute in Organisationen, die sich ständig ändernden Rahmenbedingungen ausgesetzt sind, an seine Grenzen. Denn in der modernen Organisationsentwicklung geht es nur noch selten um die Anpassung ein paar schiefer Prozesse, oder um die Verbesserung von drei Kennzahlen. Stattdessen muss das ganze Unternehmen, oder zumindest ein bedeutender Teil, nachhaltig verändert werden, um es für die komplexen Herausforderungen einer volatilen Zeit zu wappnen.
In diesem Zusammenhang ist dann oftmals von einer „agilen Transformation“ die Rede. Hier geht es aber nicht um die vereinzelte Einführung agiler Methoden wie SCRUM oder Design Thinking. Es geht um eine tiefgreifende Veränderung von Denk- und Arbeitsweisen sowie Führungs- und Prozessstrukturen hin zu mehr Kundenzentrierung, Selbstorganisation und agilen Problemlösungs- und Projektsteuerungsansätzen. Für die erfolgreiche Entwicklung zu einer agilen Organisation, braucht es also nicht nur die richtigen Formate und Methoden, es müssen viel mehr zentrale agile Rollen eingeführt werden, die agiles Denken und Arbeiten fordern, fördern, begleiten und entwickeln.
Organisationen werden selbstverantwortlich
Genau wie früher werden Beratungen bei Strategiegestaltungen, Prozessverbesserungen und Kulturentwicklungen nach wie vor als wirksame externe Unterstützung gesehen und genutzt, doch im Feld der agilen Transformation beobachten wir eine andere Entwicklung und kommen zu neuen Überzeugungen. Statt die agile Transformation nur von externen Berater:innen steuern zu lassen, wollen Unternehmen zunehmend selbstverantwortlich mitwirken. Dafür müssen interne Mitarbeiter:innen agile Rollen wie Agile Coach, Agile Facilitator, Scrum Master, Product Owner und User Researcher selbst einnehmen und so die Veränderung ihres Unternehmens langfristig gestalten – über die Anwesenheit und Interventionen der externen Berater:innen hinaus.
Notwendige Rollen skizzieren und agile Enthusiasten identifizieren
Doch wie sieht dieser Rollenwechsel aus? Besonders in Unternehmen, die nach klassischen Führungs- und Hierarchiemodellen aufgestellt sind, können etablierte Mitarbeiter:innen nicht von heute auf morgen in agile Rolle wechseln. Zu groß ist der Sprung zwischen aktueller und agiler Haltung, Werte, Prozesse und Methoden.
Wenn also ein Unternehmen Veränderungspotential in der Organisation identifiziert und die Einführung agiler Denk- und Arbeitsweisen als einen geeigneten Verbesserungsansatz ausgewählt hat, müssen zuerst die initial notwendigen agilen Rollen und deren Verantwortlichkeiten definiert werden. Auf dieser Grundlage können Unternehmen abfragen, welche Mitarbeiter:innen überhaupt Interesse an diesem Rollenwechsel haben.
Unsere bisherigen Erfahrungen haben gezeigt: Das Interesse „etwas Neues“ auszuprobieren und eine tiefgreifende Veränderung des eigenen Arbeitsplatzes maßgeblich und aktiv mitzugestalten, ist bei den Mitarbeiter:innen vieler Unternehmen weit verbreitet. Das gilt insbesondere, wenn es um agile Rollen geht.
Diese Gruppe von identifizierten, potenziellen agilen Enthusiasten sollte dann in ein Qualifizierungsprogramm einsteigen, welches im Optimalfall eigens für die Bedürfnisse des Unternehmens konzipiert wird.
Ausbildung agiler Rollen – Gutes braucht Zeit und Raum
Wie die Struktur dieses Qualifizierungsprogramms aussehen kann, das variiert je nach Zielsetzung, Zielgruppe und verfügbaren Ressourcen, wie Zeit und Budget. Möglich sind fokussierte Trainingstage über einen intensiven Lernzeitraum von wenigen Wochen, oder auch umfassender gestaltete Module, mit Blended Learning Ansätzen, also „verzahnte“ Präsenz- und Online-Lern-Module, die über mehrere Monate hinweg gehen. Unabhängig von der Umsetzungs- und Begleitstruktur gilt für den Umfang jedes Qualifizierungsprogramms eines besonders: Mehr ist mehr. Heißt konkret: Agile Rollen können nicht in drei Tagen Training nachhaltig ausgebildet und verankert werden. Es braucht Zeit, Engagement der Teilnehmenden sowie begleitende Praxisprojekte, in denen die Ausbildungsgruppe die Grundlagen von agilem Denken und Arbeiten über einen längeren Zeitraum verinnerlichen und anwenden kann. Nur so kann eine tiefgreifende Veränderung ausgelöst und etabliert werden.
Zu den Inhalten der Ausbildung zu Agile Coaches bzw. Agile Facilitators gehören beispielsweise:
- Grundlagen agilen Denkens und Arbeitens
- Hintergrund und Merkmale agiler Frameworks wie Scrum, Design Thinking, Kanban und Lean Startup
- Agiles Arbeiten in der praktischen Projekt-Anwendung
- Methoden der agilen Projektbegleitung
- Grundlagen von Facilitation und Coaching
- u.v.m.
Dieser beispielhafte Ausschnitt eines Curriculums wird dabei oftmals um unternehmensspezifische, interne Impulse ergänzt, die helfen sollen, die ausgebildete agile Rolle in einen Gesamtkontext einzubetten und deren strategische Zielsetzung herauszuarbeiten.
Den Trainer:innen und Coaches von Beratungen kommt in dieser Zeit der Ausbildung optimalerweise die Rolle von Supervisoren zu, die die Lernfortschritte der Gruppe einordnen und offene Fragen aus der praktischen Anwendung beantworten können.
Auch lange Reisen beginnen mit einem ersten Schritt
Zum Abschluss des Ausbildungsprogramms steht dann eine Gruppe von motivierten und ambitionierten agilen Rollen sowie seitens der Organisation – bestenfalls – eine klar definierte strategische Ausrichtung und Zielsetzung bereit, damit die neuen Rollen das gelernte Wissen unverzüglich anwenden können.
An dieser Stelle können Beratungen je nach Bedarf noch bei der Supervision der agilen Rollen in ihren neuen Aufgaben unterstützen, beim Aufbau einer unternehmensinternen Community of Practice oder bei der Entwicklung und Umsetzung weiterer Ausbildungsprogramme.
Wir von zero360 unterstützen Unternehmen in der Bestrebung selbstverantwortlich zu agieren, und verstehen unsere Rolle in Transformationsprojekten daher nicht als Berater:innen, sondern als Partner:innen, die Unternehmen befähigen, schnell auf eigenen Beinen zu stehen. Grundsätzlich können Organisationen daher nach den ersten, durch zero360 begleiteten Phasen, mit den neu etablierten Rollen erst einmal Laufen lernen und die weiteren Schritte der agilen Transformation selbstständig gehen.
Du hast Fragen zur Ausbildung agiler Rollen in deiner Organisation oder willst mehr über den zero360-Ansatz erfahren? Wir freuen uns über deine Nachricht: hello@zero360.de
Verfasst von:
Raúl Kuhn