Leadership

Unproduktive Führungskräfte-Meetings

Wie sich das Führungsteam zum Powerhouse der Entscheidungsfindung verwandelt

Johannes Meyer
Juni 13, 2022
7min Lesezeit

Warum Führungskräfte-Meetings oft nicht so gut laufen und was du dagegen tun kannst 

Wie nennt ihr es? Kernteam-Meeting? L1-Besprechung? Circle? In vielen Organisationen werden regelmäßig Besprechungen anberaumt, um eine Abstimmung zwischen Führungskräften zu erreichen – einige der teuersten Stunden im Kalender. Leider gehören diese kostbaren Zusammenkünfte oft auch zu den unproduktivsten: Es mangelt ihnen an Struktur, Fokus und methodischer Konsequenz – selbst in Organisationen, die sich einer ausgereiften, agilen Arbeitskultur rühmen.


Warum sind Meetings zur Abstimmung von Führungskräften so oft so unproduktiv?  

Wir wollen uns das mal etwas genauer anschauen und einige der Dynamiken vorstellen, die zu diesem Chaos beitragen können.  


1. Keine*r will moderieren  

In einem Raum, der von politischer Dynamik und Ressortinteressen geprägt ist, möchte kein*e einzelne*r Teilnehmende*r in eine Rolle schlüpfen, welche Neutralität erfordern würde. Freiwillig als Moderator*in aufzutreten, würde bedeuten, die Position der/des beitragenden Teilnehmenden aufzugeben, oder es könnte als Versuch interpretiert werden, die Kontrolle über die Diskussion zu übernehmen.  


2. Niemand schreibt etwas auf  

Viele Führungskräfte verbringen einen Großteil ihrer Zeit in Gruppen, in denen andere Personen dokumentieren oder sich Notizen machen. Wenn sie unter sich sind, fällt oft auf, dass sie die Notizroutine verloren haben. Viele Führungskräfte fühlen sich außerdem nicht wohl mit der „banalen“ Aufgabe, die Entscheidungen einer Gruppe auf einem Flipchart oder Whiteboard zu dokumentieren.  


3. Keine Externen erlaubt  

Viele Probleme bei Besprechungen der obersten Führungsebene könnten durch eine*n routinierte*n Moderator*in gelöst werden – eine Rolle, die in den meisten Organisationen existiert. Aber oft wird der Inhalt dieser Sitzungen als zu sensibel angesehen, sodass er nicht im Beisein von Mitarbeitenden diskutiert wird. So kann die Gruppe entweder eine*n externe*n, fachfremde*n Moderator*in engagieren, oder ihre Mitglieder müssen mit der Doppelrolle zwischen Inhalt und Strukturierung arbeiten.


4. Langsame oder keine Entscheidungsfindung  

Führungsgremien sind dazu gedacht, Menschen in strategische Entscheidungsfindungen einzubeziehen. Das bedeutet, dass nicht einfach jemand mit Autorität die Entscheidung trifft, sondern ein Versuch der Demokratie unternommen wird. Ohne eine Struktur ist dieser Ansatz jedoch quälend: ein endloser Kreislauf von Perspektiven, Argumenten, Präferenzen, respektvollen Anerkennungen – von „Wir könnten …“ über „Vielleicht sollten wir …“ bis „Wir müssen vielleicht …“. 


5. Unklarer Umfang  

Ein Führungstreffen ist ein Treffen in einem Raum voller Menschen, die jeweils für einen Teil des Erfolgs der Organisation verantwortlich sind. Natürlich reichen übergreifende strategische Themen auch in diese Verantwortungsbereiche hinein. Wenn nicht klar ist, was im Kollektiv und was von der jeweiligen Führungskraft entschieden wird, kann es zu Spannungen kommen, wenn die Mitarbeitenden das Gefühl haben, dass ihr Zuständigkeitsbereich vom Kollektiv zerredet wird.  

All diese Dynamiken haben das Potenzial, die produktive Zusammenarbeit in einer Führungsgruppe zu untergraben. Doch die Abstimmung und effektive Entscheidungsfindung in solchen Gruppen sind zu wichtig, um zu scheitern.  


Wie du dein Führungstreffen verbessern kannst  

Wahrscheinlich bist du dir der grundlegenden Meeting-Hygiene bewusst, die dazu beiträgt, jede Besprechung in eine effektivere Richtung zu lenken: Vorbereitung einer Tagesordnung, Zeiteinteilung, Festlegung rotierender Moderatorenrollen – aber auch Rituale wie Check-in- und Check-out-Formate.  

Schaue dazu auch gerne in unseren Artikel zur Steigerung der Produktivität in Meetings. Hier findest du 43 Methodenkarten, die dir dabei helfen können, deine Meetings effizienter zu gestalten.

Wir empfehlen zusätzlich, dass Führungsteams die Logik eines Scrum-Backlogs übernehmen. Das ist eine transparente Liste von Themen und Entscheidungen, die getroffen werden müssen, inklusive deren Status. Das hilft, den Fortschritt zu verfolgen, erhöht die Transparenz und verdeutlicht, welche Entscheidungen bereits getroffen wurden. 


Tools und Vorlagen nicht nur für Führungskräfte-Meetings 

Darüber hinaus möchten wir einige Tools und Vorlagen vorstellen, die sich bei Besprechungen mit Führungskräfterunden als nützlich erwiesen haben. Du kannst sie auf ein (virtuelles) Whiteboard zeichnen, mit Post-its ausfüllen oder eine Excel- oder PowerPoint-Datei für die Zusammenarbeit verwenden.  


1. Werkzeug zum Screening von Themen und zu deren Umwandlung in Aufgaben  

Manchmal möchten sich Führungskräfte über Themen, Marktdynamik oder Veränderungen im Ökosystem abstimmen und erörtern, wie relevant diese für das Unternehmen sein könnten. Wir haben diese Matrix für derartige Besprechungen verwendet. Sie hilft dabei, eine Vermutung oder Beobachtung durch einen strukturierten Ablauf der Bewertung ihrer Relevanz in eine Aufgabe umzuwandeln. Es kann hilfreich sein, mehrere Themen nebeneinanderzustellen, um festzustellen, ob sie um Ressourcen konkurrieren, oder um Prioritäten zu setzen.

2. Vorlage zur Strukturierung der Informationsbeschaffung für Entscheidungen   

Die Zeit eines Führungskräfte-Meetings wird am besten genutzt, wenn die Teilnehmenden Entscheidungen auf der Grundlage eines gut umrissenen Themas und eines gemeinsamen Verständnisses treffen. Um dies zu erreichen, ist es sehr nützlich, ein strukturiertes Format zu verwenden, welches die Teilnehmenden zur Vorbereitung der Entscheidungsfindung einlädt. Das Format der Entscheidungstafel hat sich bei komplexen Projekten bewährt:  

3. Vorlage zur Dezentralisierung der Entscheidungsfindung  

Noch besser als eine strukturierte Debatte über strategische Entscheidungen ist es, kleine Kreise von Personen Optionen bewerten zu lassen und dem Rest der Gruppe eine Lösung vorzuschlagen. Auf diese Weise ist die Entscheidungsfindung auch wirklich dezentralisiert und für die Führungskräfte sehr zeitsparend. Die folgende Vorlage haben wir für diesen Ansatz als nützlich empfunden. Sie wird an kleine Teams innerhalb der Gruppe verteilt, die sich mit einer bestimmten Frage oder einem bestimmten Thema befassen:

Unserer Erfahrung nach helfen der gut strukturierte Überblick über das Hintergrundwissen, die vorherige Bereitstellung potenzieller Optionen und eine vorgegebene Vorgehensweise dabei, das Gespräch auf die reine Entscheidungsfindung zu konzentrieren. So können sich dann während der Führungskräfte-Meetings alle Kommentare der Führungsrunde zu den Vorschlägen auf schwerwiegende Einwände konzentrieren. Dies hilft, Beiträge auszuschließen, die lediglich das bereits Gesagte paraphrasieren oder Informationen hinzufügen, die keinen wirklichen Einfluss auf die Entscheidung haben. 

Wenn es keine starken Einwände gibt, wird der Vorschlag angenommen und das Team kann fortfahren. Dieser konsentbasierte (im Gegensatz zum konsensbasierten) Ansatz zur Entscheidungsfindung kann die Produktivität von Führungsteams deutlich steigern. 

Verfasst von:

Johannes Meyer

Johannes ist in seinem Element, wenn Entscheidungen in Gruppen komplex, vielschichtig und ungewiss sind. Er moderiert deshalb für viele Organisationen Strategie- & Transformationsprozesse. Darüber hinaus gestaltet er gerne Lernerlebnisse und lustige Übungen zu Innovationsmethoden.

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