Neue Ideen, neue Vorsätze, neue Ziele. Alte Hürden, alte Ängste, alte Muster. Und ein bisschen Same-same-Müdigkeit. Oder wie geht es dir?
Veränderung ist anstrengend. Alte Routinen im Autopiloten können hingegen herrlich entspannend sein. Neurowissenschaftler bestätigen, dass es mindestens 20 Tage braucht, um neue Gewohnheiten zu etablieren.
Da gibt es aber einen kleinen Helfer, der dir als super Grundlage dient, wenn du Dinge ab jetzt anders machen willst: dein Flow-Erleben.
Was ist Flow?
Kennst du das befriedigende Gefühl am Ende eines erfolgreichen Arbeitstages? Okay, aber solche Tage sind nicht selbstverständlich, oder? In dieser VUKA-Welt flattert unsere Aufmerksamkeit von einer Aufgabe zur nächsten. Konzentration und Aufmerksamkeit sind doch selten lange auf einem hohen Niveau. Und Deep Work steht als guter Vorsatz im Kalender.
Die gute Nachricht: Flow entsteht nicht unweigerlich aus Routinen. Flow liebt nämlich Herausforderungen und entsteht genau dann, wenn die perfekte Balance zwischen Anforderungen und Fähigkeiten erreicht ist.
Unterforderung mag Flow auch nicht, er braucht immer eine Prise anspornende Herausforderung. Same, same, but new. So ist Flow ein erfolgreiches Coping, um mit Stress umzugehen, erfordert aber zugleich, dass du deine Komfortzone verlässt.
Lass uns zunächst einmal genauer definieren, wie Flow sich eigentlich äußert:
- Du gehst komplett in deinem Tun auf, Handlungen und Bewusstsein sind zusammengeführt (Selbstvergessenheit).
- In der aktuellen Tätigkeit erlebst du eine tiefe Konzentration.
- Dabei vergisst du Zeit und Raum.
- Du spürst Wirksamkeit und nimmst dich als kompetent wahr.
- Das bewusste Denken nimmt ab.
- Alles scheint mit Leichtigkeit aus dir herauszufließen.
- Einfachheit, die Anstrengung lässt nach.
- Du hast das Gefühl der Kontrolle über die Situation.
Warum Flow-Erleben bereichernd sein kann
Der Psychologe und Glücksforscher Prof. Dr. Mihaly Csikszentmihalyi hat in seinen Studien festgestellt, dass Menschen, die häufig diesen Flow-Zustand erleben, eine gesteigerte Lebensqualität haben. Dabei können ganz unterschiedliche Aktivitäten diesen Zustand auslösen: Klavierspiel, Bergsteigen, Malen, Laubfegen oder für den Chirurgen das Durchführen einer Herzoperation. In erster Linie ist weniger wichtig, was man macht, sondern welche Qualität die Aktivität hat.
Beim Flow-Erleben geschieht etwas im Gehirn, was sonst nur im REM-Schlaf (Traumphase) passiert: Es switcht auf die langsamen Alpha- und Thetawellen und du gehst von bewussten in unkontrollierte Gedankensphären.
- Wann warst du das letzte Mal im Flow, also komplett eingenommen von dem, was du gerade getan hast? (Vgl. Merkmale oben.)
- Kannst du Tätigkeiten definieren, die dir (immer wieder) die Option eröffnen, in einen Flow-Zustand zu geraten?
- Wenn ja: Prima, lass uns doch mal schauen, wie du diese Erkenntnis nutzen kannst, um mehr Lebensqualität in deinen Alltag zu bringen und diesen Drive auch mitzunehmen, wenn du neuen Herausforderungen gegenüberstehst.
- Wenn nein: kein Problem! „Man kann es schaffen, die schlimmste Routinearbeit in ein Kunstwerk zu verwandeln.“ (Csikszentmihalyi)
Bevor ich genauer erläutere, wie du mehr Flow in deinen (Arbeits-)Alltag integrieren kannst, überlege einmal für dich:
Wenn du über Flow-Erlebnisse nachdenkst, denkst du an deine Kindheit? Die langen Nachmittage, versunken im Spiel, ohne Zeitgefühl? Ja, das ist Flow.
Du denkst an Erlebnisse im Sport, bei denen du ganz bei dir und im Körper bist? Auch das ist Flow. Du denkst an kreatives Schaffen, einen schöpferischen Prozess, in dem du völlig aufgehst? Auch das ist Flow. Jede:r hat eigene Momente, in denen er/sie Flow besonders oft, leicht oder gern erlebt.
Warum wollen wir uns jetzt zum Jahresbeginn mit dem Potenzial von Flow beschäftigen? Weil wir im Flow auch alle Ängste loslassen, eben weil wir komplett im Hier und Jetzt sind. Und weil im Flow-Erleben das Potenzial zum Glücklichsein steckt. Davon können wir doch gerade alle etwas mehr gebrauchen, oder?
Und da Flow in seiner Definition so herrlich verlockend klingt, erachte ich es für äußerst erstrebenswert, diesen Momenten mehr Raum in deinem Alltag zu geben.
Wie entsteht ein Flow-Zustand?
Csikszentmihalyi beschreibt, dass die angenehmsten Momente, die wir erleben können, nicht ohne aktives Zutun auftreten. Sie verlangen eine gewisse herausfordernde Anstrengung und können zu Beginn auch erst einmal einen Widerstand in dir hervorrufen. Vielleicht erinnerst du dich, wie es ist, ein Instrument oder eine Sportart zu erlernen.
Csikszentmihalyi macht folgende Faktoren aus, damit das Flow-Gefühl entstehen kann:
- Sei dir deiner Ziele klar (intrinsische Motivation).
- Auf die Tätigkeit sollte eine unmittelbare Rückmeldung erfolgen. Bsp.: Beim Tennisspiel hast du das Ziel, zu gewinnen, der Spielverlauf ist die unmittelbare Rückmeldung. Wenn du eine PowerPoint-Präsentation baust, gibt das Vertesten der Slides mit anderen dir Rückmeldung.
- Optimale Balance zwischen Anspruch und Fähigkeiten. Du kennst das sicher auch, dass es Tätigkeiten gibt, bei denen das Grundrauschen von anderen Themen und Ablenkungen hoch ist. Es gibt Aufgaben, bei denen du nicht überlegst, was es nachher zum Mittag gibt, oder dich fragst, ob die Rückmeldung auf XY vielleicht schon im Postfach liegt.
- Challenging: Du schrubbst PowerPoints wie niemand vorher? Fein. In den Flow kommst du hier erst, wenn dich ein neues Feature oder eine Darstellung herausfordert.
- Kontrollgefühl: Du hast das Gefühl, die Sache im Griff zu haben, ihr gewachsen zu sein. Du bist also angstfrei und losgelöst.
- Selbstzweck: Flow-Erfahrungen haben eine sogenannte autotelische Qualität. Bereits das Tun selbst bringt Zufriedenheit, nicht erst das Ergebnis.
Was kannst du tun, damit du öfter ins Flow-Erleben kommst?
(nach Csikszentmihalyi und Nina Rosar)
- Finde heraus, was dir wirklich Freude macht! Erinnere dich, wann du das letzte Mal im Flow warst! In welchen Situationen fühlst du dich besonders lebendig, selbstwirksam und glücklich?
- Geh dann von hier aus einmal rückwärts: Was hast du getan, bevor du in diesen Zustand kamst? Wo warst du, mit wem, in welchem Gemütszustand, zu welcher Tageszeit?
- Reflektiere deine Talente und frage auch einmal Freunde und Kollegen, welche Fähigkeiten sie an dir besonders schätzen.
- Finde eine Tätigkeit, welche die perfekte Balance zwischen deinen Fähigkeiten und den Anforderungen abbildet (keine Über- und Unterforderung).
- Deep Work: Lege deine volle Konzentration auf diese eine Tätigkeit. Schließe deine Zimmertür, alle anderen Tabs, Nachrichtendienste und lege das Handy aus dem Raum.
- Kategorisiere deine Aufgaben und unterteile deine Woche in Fokustage, die mit deinen Sparringspartnern deckungsgleich sind.
- Setze dir Timer für Fokuszeit, nutze dazu z. B. die Pomodoro-Methode.
- Prüfe, wo analoges Arbeiten möglich ist, um möglichst viele deiner Sinne anzusprechen.
- Integriere Bewegung und Pausen in deinen (Arbeits-)Alltag. BeGREIFEN und erLEBEN intensiviert sich, wenn Erfahrungen durch den Körper gehen.
- Du bekommst keine direkte Rückmeldung auf dein Tun? Lob dich selbst! In jedem Arbeitsalltag gibt es auch Situationen, in denen wir lange auf ein Feedback oder Anerkennung warten müssen. Weil der Prozess lang ist, weil du Autor oder Therapeut bist oder über Wochen einen großen Pitch vorbereitest. Csikszentmihalyi empfiehlt dir zu lernen, dich vom Lob anderer unabhängig zu machen und dir selbst positive Rückmeldung zu geben
- Vor dir liegen eintönige Tätigkeiten? Challenge dich selbst! Natürlich ist Höher-schneller-weiter-Selbstoptimierung keine gesunde Lebenseinstellung. Unterforderung kann jedoch genauso belastend sein. Und wir haben hier gelernt, dass ein kleiner Schritt aus der Komfortzone in den Flow führen kann.
- Mache die eintönige Aufgabe heute mal etwas anders, woanders, schneller, rückwärts oder präziser. So forderst du eine höhere Konzentration bei dir ein und ermöglichst einen Flow.
- Die vor dir liegende Herausforderung macht dir Angst?
- Du hast die Möglichkeit, jede vor dir liegende Herausforderung zu bewerten und ggf. als Option zu erkennen, um zu wachsen.
- Prüfe, wo der Anspruch der Aufgabe mit deinen Fähigkeiten übereinstimmt und wie groß der Bereich ist, in dem du deine Fähigkeiten ausbauen musst. Vielleicht kitzelt es doch, hier deine Komfortzone zu verlassen?
- Sei neugierig und engagiert. „Wer wirklich in und mit der Welt engagiert ist – interessiert, wissbegierig, begeistert –, dem wird es nie an Möglichkeiten fehlen, Flow zu erleben.“ (Mihaly Csikszentmihalyi)
In den Flow zu kommen, kann also ganz einfach sein. Oder ganz schwer.
Je nachdem, welche Fähigkeiten und Anforderungen im Spiel sind.
Wenn du bereits eine oder mehrere Aktivitäten gefunden hast, bei denen du Zeit und Raum vergisst, dann versuche sie möglichst häufig auszuüben.
Das können kleine Inseln im Arbeitsalltag sein, die du zwischen unliebsame Aufgaben platzierst. Das kann ein Hobby sein oder beides miteinander verbinden. Wenn du eine solche Tätigkeit (noch) nicht gefunden hast, dann kannst du versuchen, mit unseren Tipps aus Alltagsbeschäftigungen etwas Besonderes zu machen.
Viel Flow beim Ausprobieren!
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