Ideen für euren ersten Teamworkshop nach langer Home-Office Zeit
„Es ist eben doch etwas anderes“, das hört man derzeit in Hotels, Konferenzzentren, Event Spaces und Meetingräumen. Teams genießen es sich, nach Monaten virtueller Zusammenarbeit endlich wieder in physischen Räumen zu treffen, zu vernetzen und gemeinsam eine gute Zeit zu haben.
In den letzten Wochen durften wir eine Reihe solcher „wieder beisammen“ – Workshops begleiten und haben daraus ein paar Bausteine gesammelt, die wir für derartige Formate nützlich finden.
Aus der Moderations-Perspektive gilt es, in diesen Veranstaltungen zunächst einige wenige Schwerpunkte zu setzen:
- Erst Team, dann Inhalt: Teams benötigen nach der langen virtuellen Zusammenarbeit einen Moment des Durchatmens, des gemeinsamen Beschnupperns – direkt mit inhaltlichen Herausforderungen einzusteigen wäre hier ein Bruch.
- Austausch ist Trumpf: Quatschen, vernetzen, sich wieder kennenlernen sollte fester Bestandteil der Workshops sein.
- Platz für aufgeschobene Herausforderungen: In manchen Teams haben sich Spannungen verfestigt, weil emotionale Zwischentöne in der virtuellen Zusammenarbeit nicht erkannt oder missverstanden wurden. Diese Themen müssen nun an die Oberfläche gebracht und erarbeitet werden.
Darüber hinaus wollen wir ein paar Werkzeuge teilen, die Teams in unseren Workshops geholfen haben, wieder zusammenzufinden:
- Kennenlernfragen für Zusammenhalt & Vertrauen
- Retrospektive zu den letzten Monaten
- Stinky Fish
- Frag-mich-alles mit Führungskräften
- Team-Vision & Team-Purpose
- Hybrid work alignment
- Baustellen des Teams
Kennenlernfragen für Zusammenhalt & Vertrauen
Um Teams nach Monaten des oft transaktionalen Austauschs zügig auf ein höheres Vertrauenslevel zu bringen, starten wir Workshops mit Gesprächsrunden, in denen sich Teams zu Fragen austauschen wie:
- Was war ein schöner Erfolg der letzten Wochen?
- Wie gehst du mit Stress um?
- Worauf bist du stolz?
- Welches nützliche Feedback hast du mal bekommen?
- An welcher Schwäche arbeitest du?
- Was ist auf deiner “bucket-list”?
- Welches Lied bedeutet dir viel? (aus den Antworten zu dieser Frage lässt sich prima eine Team-Playlist für die Workshop-Pausen ableiten)
Die Fragen sind angelehnt an Empfehlungen aus Patrick Lencioni’s “5 Dysfunktionen eines Teams”.
Retrospektive zu den letzten Monaten
Viele Teams sind in den letzten Monaten durch Höhen und Tiefen gegangen, haben Veränderungen erlebt, die nicht ausreichend wertgeschätzt, besprochen oder verdaut werden konnten. Oft gab es Zu- und Abgänge, die gefühlt sang- und klanglos vonstattengingen („ich weiß gar nicht, wann du angefangen hast“). Wir greifen hier gerne zu einer Zeitleiste, an der die Meilensteine der letzten Monate nochmal nachvollzogen werden.
In diesem Format können neben sachlichen Meilensteinen Lernmomente, Stressfaktoren oder Motivatoren ergänzt werden, um ein emotionales Bild zu erhalten. Die Zeitleiste wird als physisches Artefakt von dem Team gemeinsam befüllt, beispielsweise als Poster.
Die anschließende Reflexion gibt Möglichkeit Höhen und Tiefen gemeinsam nachzuverfolgen, Erfolge zu feiern aber auch Teammitgliedern Wertschätzung zu zeigen. Hierfür schließen wir, wenn passend, noch die Möglichkeit an, sich bei Teamkolleg*innen zu bedanken und kleine Auszeichnungen zu überbringen.
Stinky Fish
Über die Zeit der virtuellen Zusammenarbeit haben sich oft Themen angestaut, wurden verschoben oder verschwiegen. Diese Methode setzt darauf, solche Spannungen bewusst an die Oberfläche zu bringen – die „Fische“ auszupacken, bevor sie immer schlimmer stinken. Diese Metapher hilft Teammitgliedern auch an Themen zu denken, die anderenfalls vielleicht als „nicht so wichtig“ oder unangenehm abgetan würden. Wir nutzen für eine Themensammlung Überschriften wie:
- Welche Themen haben wir vor uns hergeschoben?
- Was denken viele, aber keiner sagt es?
- Was bereitet mir Sorgen?
- Was bremst uns als Team?
In der Anmoderation wird vermittelt, dass wir dahin gehen wollen, wo es weh tut, um die Zeit des Workshops optimal zu nutzen. Die Themenliste bildet oft schon die Grundlage für eine überfällige Auseinandersetzung oder Grundlage für Themen, die im Folgenden abgearbeitet werden sollten.
Diese Sequenz ist eine Abwandlung der gleichnamigen Übung von Hyper Island.
Frag-mich-alles mit Führungskräften
Für Führungskräfte sind Reconnect-Workshops Gelegenheit, sich wieder in ihr Team einzufühlen, Unterstützung anzubieten und Rollenmodell zu sein. Eine Frag-mich-alles Gelegenheit mit anonym gesammelten Fragen erreicht mehrere Ziele: Sie zeigt, was Teams bewegt, schafft Informationsgleichheit im Team und gibt Führungskräften Gelegenheit, dem Team ihre Offenheit und eigene Verletzlichkeiten zu zeigen. Wir empfehlen Führungskräften, sich in diese Unsicherheit hineinzubegeben und folgende Fragen zu besprechen:
- Was lässt dich an unser Team glauben?
- Bist du zufrieden mit deiner Arbeit?
- Was sind deine Karriere-Ambitionen über unser Team hinaus?
- Wie überzeugend findest du unsere Unternehmens-Strategie?
- Wann bist du mal gescheitert?
- Was machst du eigentlich privat?
Team-Vision & Team-Purpose
Für viele Teams ist es hilfreich, sich im Rahmen eines Reconnect-Workshops nochmal mit ihren Orientierungs-Dokumenten zu beschäftigen und diese im Licht der veränderten Zeiten zu validieren: Stehen wir noch hinter unserer Vision? Verstehen wir den höheren Sinn unserer Arbeit? Passen unsere Werte zu unserem neuen Arbeitsmodus?
Wir nutzen hier Werkzeuge wie Simon Sinek’s Golden Circle, aber vor allem auch Beispiele, Anekdoten, Konkretisierungen, die die großen Leitsätze greifbar machen. In Bewertungsschleifen können Teammitglieder hinterfragen, wie präsent die einzelnen Elemente in ihrer Arbeit sind.
Hybrid work alignment
Die Frage „Wie arbeiten wir denn nun?” treibt aktuell viele Teams um. Was wie ein pragmatisch-operatives Thema scheint, stellt sich oft als hochemotionales Thema heraus: Viele Teams wollen eine gemeinsame Empfehlung oder Leitlinie zur Nutzung des Home-Office finden und “müssen” mit Freiheiten arbeiten, die sie nicht gewohnt sind. Nun teilt sich der Raum zwischen denen, die netzwerken wollen und denen, die ihre Ruhe brauchen. Zwischen denen, die nah am Büro wohnen und denen, die sich inzwischen einen Hund zugelegt haben.
Eine Basis kann hier durch eine Synchronisation von gemeinsam getragenen Bedürfnissen gelegt werden: „Was soll unsere hybrid work policy für uns ermöglichen?”. Entlang dieser Frage sammeln wir Design Prinzipien, die dem Team wichtig sind und priorisiert werden können. Die klingen dann beispielsweise so wie:
„Wir möchten eine Homeoffice-Regelung, die…
- …das Büro zum Netzwerk-Ort macht.”
- …die dafür sorgt, dass wir uns 1x/Woche alle sehen.”
- …die für Teilzeit-Kräfte keine Zusatz-Last darstellt.”
- Etc.
Wenn dieser Katalog abgestimmt ist, fällt es oft leicht, sich auf ein gemeinsames Arbeitsmodell einzulassen und auch im Sinne der gemeinsamen Zielerreichung Kompromisse zu machen.
Baustellen des Teams
Die bis hierhin erarbeiteten Spannungsfelder entwickeln sich jedes Mal unterschiedlich. Deshalb reservieren wir in der Regel großzügig Zeit in der Agenda (mindestens 1h), in der das Team kritische Fragestellungen erarbeiten kann. Wir haben gute Erfahrung mit Kleingruppen gemacht, in denen für einzelne Themen Lösungsvorschläge entwickelt und dann dem Team vorgestellt werden. Diese Vorschläge werden nach dem Konsent-Prinzip, also wenn es keine schwerwiegenden Einwände gegen ein Ausprobieren gibt (“safe enough to try”), angenommen.
Schlussendlich wird die Energie eines solchen Kickoff-Workshops nachgehalten, indem Vereinbarungen festgehalten und Aufgaben verteilt werden. Hierfür kann es sich lohnen, ein Impediment Backlog für das Team zu pflegen – also eine Arbeitsliste mit Blockaden und Störfaktoren, die das Team ausräumen möchte. Wenn diese in Regelterminen aktualisiert wird, kommt das Team in eine konstruktive Optimierungs-Routine.
Du hast Lust, dich über das Thema auszutauschen? Dann schreibe uns unter hello@zero360.de
Verfasst von:
Johannes Meyer