Transformation

Wie findet man seinen Purpose?

Leon Franken im Interview

Diverse Autor*innen
Februar 11, 2021
3min Lesezeit

Leon Franken ist Mitgründer des KarmaKollektivs. Gemeinsam mit seinen Kolleg*innen stehen für ihn neben dem wirtschaftlichen Erfolg der soziale und ökologische Impact ihrer Arbeit im Fokus. Für dieses Ziel hat Leon einer Karriere bei einem großen Energydrinkhersteller den Rücken gekehrt. Wir sprechen mit ihm darüber, wie man seinen eigenen Purpose findet, wie Werte gelebt werden – und warum es auch mal okay sein kann, einfach für das Geld zu arbeiten.

Du hattest eine sichere Karriere im Großunternehmen vor dir – und hast dich dann dagegen entschieden. Warum bist du zum Gründer geworden?

Ich glaube, dass Purpose eine große Rolle gespielt hat. Früher bestand mein Purpose primär daraus, Sport und außergewöhnliche Sachen in einer coolen Firma zu machen. Das hat sich allerdings geändert. Ich habe irgendwann angefangen, Dinge zu hinterfragen – insbesondere in Richtung Nachhaltigkeit und Ökologie. Das war an der Stelle natürlich nicht so üblich. Parallel habe ich begonnen, mit meinen jetzigen Geschäftspartnern zusammenzuarbeiten, und da stand relativ schnell fest, dass wir ein purpose-driven Unternehmen sein wollen mit Wertesäulen, die nie in Frage gestellt werden sollten. Diese drei Säulen sind bei uns Inklusion von Menschen mit Behinderung, faires und direktes Handeln und Kreislaufwirtschaft. Für alle drei Säulen stehen wir aus teils sehr persönlichen Gründen ein – einer unserer Gründer hat zum Beispiel selbst eine körperliche Behinderung. Diese Werte waren natürlich ein großer Teil meiner intrinsischen Motivation für die Gründung.

Ich habe irgendwann angefangen, Dinge zu hinterfragen. Das war an der Stelle natürlich nicht so üblich.

Außerdem steckte das Gründen irgendwie schon immer in mir drin. Schon früher hatte ich immer wieder Ideen für Startups. Aber direkt nach der Uni habe ich mich noch nicht ganz getraut – da wollte ich erstmal noch mehr dazulernen. Das war denke ich auch eine gute Entscheidung. Aber irgendwann ging dann eine Tür auf: Unser Investor hat angerufen und uns die Möglichkeit gegeben, uns voll und ganz auf das Startup zu konzentrieren. Das war natürlich ein toller Moment – und da stand die Entscheidung fest.

Eure Werte klingen ja sehr lobenswert – aber Werte haben es oft an sich, abstrakt zu bleiben. Wie stellt ihr sicher, dass ihr eure Werte auch wirklich lebt?

Unsere Werte waren von Anfang an ein fester Bestandteil und werden in Meetings und im Büro immer wieder thematisiert. Bei jeder Entscheidung versuchen wir das Maximum in Bezug auf unsere Werte herauszuholen: Können wir noch mehr Leute inkludieren? Brauchen wir diese Maschine, die vier Arbeitsplätze ersetzt, wirklich? Solche Fragen stellen wir uns tagtäglich. Wie wir das immer abrufen, kann ich nicht wirklich sagen. Alle Menschen, die bei uns arbeiten, sind mit den Werten so sehr aufgeladen, dass diese Entscheidungen immer wieder im Kollektiv diskutiert werden. Eine Sache, die hilft, ist aber sicherlich Transparenz. Wir teilen unseren Mitarbeitern die Problemfelder mit, vor denen wir stehen, und haben keinerlei Geheimnisse. Das ist wichtig, um alle mitzunehmen auf unserer Reise. Denn oft geht es natürlich auch um knallharte Zahlen. Wir werden nicht selten in die metaphorische Niere geboxt und müssen wieder aufstehen. Aber mit dem gemeinsamen Verständnis warum wir das alles machen, steht man schneller wieder auf. So haben wir zum Beispiel gerade einen gemeinnützigen Verein gegründet, den wir durch unsere wirtschaftlichen Beziehungen aus der Firma finanzieren können. Das ist ein weiterer Schritt zur Erfüllung unseres Purposes

Ihr habt den Purpose eurer Firma klar. Aber was ist mit deinem persönlichen Purpose? Wie hast du den gefunden?

Wahrscheinlich sollte ich jetzt sagen, dass ich regelmäßige Reflexionssessions mache und so meinen eigenen Purpose entdeckt habe. Aber bei mir war es eher eine Sache von „wenn ich das jetzt mache, dann mache ich das genau so, wie ich mir das immer erhofft und erträumt habe“. Da war der Purpose dann relativ schnell klar: Ich möchte ein Unternehmen mit jungen, smarten Entrepreneuren auf die Beine stellen, das Produkte schafft, die anderen Menschen helfen. Ich will zeigen, dass das tatsächlich geht: Dass man wirtschaftlich erfolgreich sein und gleichzeitig der Welt etwas Gutes tun kann.

Wirtschaftlich erfolgreich sein und gleichzeitig der Welt etwas Gutes tun

Wenn man seinen Purpose gefunden hat, fühlt es sich einfach nach dem richtigen Weg an. Dann merkt man schnell, dass man mit Leuten in Kontakt kommt und eine Art Welle reitet, durch die man diesen Purpose, diese Vision, weiterleben lässt. Deswegen handelt es sich beim Purpose immer um eine Reise: Je erfolgreicher oder facettenreicher der Weg wird, desto weiter kann man ihn spinnen. Ich weiß heute nicht, wie mein Purpose oder meine Vision in fünf Jahren aussehen werden.

Aber warum ist es so wichtig, einen Purpose zu haben? Kann es nicht auch einfach genug sein, zu arbeiten und Geld zu verdienen?

Das kann absolut genug sein. Wenn mein Purpose ist, eine glückliche Familie zu haben oder so viel Freizeit wie möglich zu haben, dann ist es einfach eine Verschiebung des Purposes. Ich persönlich habe meinen Purpose im Beruflichen gefunden. Aber es ist auch völlig fair zu sagen, dass man seinen Purpose wo anders sieht. Am Ende geht es darum, glücklich und erfüllt zu sein.

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Wir bei zero360 arbeiten auch interdisziplinär und ko-kreativ an unseren Publikationen. Mehr Informationen zu den Verfasser*innen findet sich am Ende eines Artikels.

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