Welche Methoden und Tools nutzt du am häufigsten, um Ideen und Konzepte im Beruf zu kommunizieren? Wie anschaulich und leicht zu begreifen sind diese für andere? Und wie oft probierst du dabei etwas Neues aus?
Ich glaube, jede:r erwischt sich im Arbeitsalltag dabei, auf etablierte Methoden zurückzugreifen, um Ideen zu kommunizieren. Egal, was genau der Beruf umfasst, jede:r verfügt über solche Standard-Methoden oder -Tools, die man sich durch viel Erfahrung und Wissen aufgebaut hat. Sie sind hilfreiche professionelle Werkzeuge für uns. Wenn wir sie jedoch nicht hinterfragen, können wir die Gelegenheit verpassen, loszulassen und etwas Neues zu wagen. Das Potenzial, unser Gegenüber mehr in das Erzählte einzubeziehen und damit sicherzustellen, dass man sich noch lange an unsere Inhalte erinnert, bleibt ungenutzt.
Warum verwendet man eigentlich die gleichen Methoden und Werkzeuge immer und immer wieder? Ein Grund kann die Zugänglichkeit des Mediums sein. Eine PowerPoint-Präsentation wird z.B. bereits in vielen Organisationen verwendet und kann daher von anderen leicht weiterverwendet werden. Sie wird von unserem Arbeitsumfeld schnell akzeptiert. Manchmal traut man sich vielleicht nicht, etwas Neues auszuprobieren. Man hat Angst, Fehler zu machen oder nicht ernst genommen zu werden. Scheitern ist oft kein Teil der Organisationskultur. Häufig fehlt es an Zeit und Geld, das Briefing ist sehr eng gestrickt und ein:e Kund:in beharrt auf einem klar abgesteckten Projektumfang und Ergebnistyp. Und manchmal ist man selbst nicht motiviert oder mutig genug, die eigene Komfortzone zu verlassen.
Was auch immer die Gründe sein mögen – wenn die Kernaussagen einer Idee auch wirklich hängen bleiben sollen, müssen wir etwas kreieren, das Menschen mitnimmt und nicht dem Standard entspricht. Denn der Standard endet leider häufig in der sprichwörtlichen Schublade und wird weder weitergetragen noch umgesetzt. Das Momentum der Veränderung, das genutzt werden sollte, verfliegt. Das ist eine vertane Chance, besonders wenn es um wichtige Inhalte geht, wie Customer Pain Points, Veränderungsprozesse oder sogar Unternehmensstrategien. Diese Inhalte müssen von anderen in ihrer Tiefe verstanden werden, um umgesetzt werden zu können. Wie kann man also diese oft abstrakt wirkenden Inhalte für andere konkreter und (be)greifbarer machen?
Kreativer und mutiger kommunizieren
Um eben nicht in der Schublade zu landen, ist es wichtig, etwas im wahrsten Sinne des Wortes „Herausragendes“ zu kreieren. Etwas, das aus dem Schwall der PowerPoint-Präsentationen, Customer Journeys ausbricht, andere mit einbezieht, sie zum Nachdenken, Hinterfragen und Erleben einlädt. Dies war Thema eines Workshops, den ich zusammen mit zwei Freunden als Teil der Service Design Global Conference Ende Oktober 2021 gehalten habe. Gemeinsam wollten wir uns von unseren individuellen Standard-Methoden lösen, uns gegenseitig inspirieren und neue Kommunikations- und Design-Methoden erkunden. Mit Ansätzen der Ko-Kreation, Storytelling und multisensorischen Erfahrungen wollten wir erkunden, wie wir visueller, interaktiver und verständlicher kommunizieren können.
Innerhalb kürzester Zeit haben die Teilnehmenden im Workshop vielfältige Storyboards gebaut, Artefakte wie ein digitales Gästebuch, Persona-Instagram-Accounts und visuelle Metaphern erstellt. Das alles rund um die Herausforderung, das Geschäftsmodell von Airbnb auf eine interaktive und erlebbare Weise darzustellen. Wie haben die Teilnehmenden diese Übersetzung abstrakter Informationen hin zu visuellen und erlebbaren Elementen geschafft?
Mehr Geschichten erzählen
Von Routinen eingenommen vergisst man leicht, wie wichtig Storytelling ist, also das Erzählen von Geschichten in unserem Arbeitskontext. Am Buzzword selbst hat man sich in den letzten Jahren bereits satt gehört. Dennoch: Geschichten zu entwickeln, zu erzählen und zu hören, ist eine urmenschliche Eigenschaft. Gut erzählte Geschichten ermöglichen es uns, uns länger und in mehr Details an ihre Inhalte zu erinnern. Das bestätigt auch die Neurowissenschaft. Geschichten ermöglichen es uns, das Gehörte in eigene Ideen und Erinnerungen umzuwandeln.
In all unseren Berufen erzählen auch wir täglich Geschichten. Mit den eben erwähnten Präsentationen, mit Datenauswertungen, mit E-Mails und vielem mehr vermitteln auch wir letztlich kleine Geschichten. Nehmen wir unsere Kommunikation in dieser Art wahr und wollen sie dahingehend verbessern, so ist der erste Schritt die Definition von Kernbotschaften, die vermittelt werden sollen. Welche Emotionen und Gedanken möchte man in der Zielgruppe (Leser-/Hörerschaft) hervorrufen? An welche Kernbotschaften soll man sich später noch erinnern können? Sind diese Aspekte konkretisiert, kann eine Methode ausgewählt werden, die diese Inhalte zum Leben erweckt.
Ein kleines Beispiel: Um Nutzer:innen beispielhaft zu beschreiben, werden häufig Personas genutzt. Dies sind beispielhafte Charaktere, die meist mit einem Stockfoto, demografischen Daten und Nutzerverhalten auf einer PowerPoint-Folie dargestellt werden. Ziel ist es, die Lebenswelt dieser Personen zu verstehen, sich ihre Bedürfnisse in der Ausgestaltung von Produkten und Services vor Augen zu halten. Um diese Inhalte erlebbar zu machen, könnte man z.B. den Lebensstil, Hobbys und Interessen in den Vordergrund des Storytellings stellen. Man könnte dann ein Instagram-Profil für diese Personas erstellen und dort durch Bilder eine Art Moodboard zum Leben der Personas abbilden. So hat man nicht das Gefühl, neutral über die Personen in einer Präsentation zu hören, sondern kann ihre Lebenswelten auf dem eigenen Handy entdecken. Man kann sich konkreter vorstellen, wie diese Personen leben und was sie bewegt.
Es gibt unzählige weitere Beispiele, wie bisherige Methoden in dieser Art weiterentwickelt werden können. Strategien können zu interaktiven Ausstellungen werden. Zukunftsvisionen können in Storyboards wünschenswerte Zukünfte veranschaulichen. Customer Pain Points können in einem Rollenspiel interaktiv umgesetzt werden. Der eigenen Kreativität sind keine Grenzen gesetzt.
Was ist die richtige Methode?
Die eine richtige Methode gibt es nicht. Es gibt nur eine Abwägung, wie die Kernbotschaften am besten vermittelt werden können. Methoden und Werkzeuge werden dann daran angepasst. Viele Ressourcen zur Inspiration können online gefunden werden. Eine Empfehlung ist, hierbei nicht nur nach Methoden-Bibliotheken Ausschau zu halten, sondern auch Designer:innen oder Künstler:innen zu folgen, die man interessant findet. Sie können einen dazu inspirieren, neue Methoden zu entwickeln.
Es ist ein kreativer Prozess, eine packende Geschichte zu erzählen, und ein gutes Team kann dabei helfen. Was für die einen eine Standard-Methode ist, ist für die anderen bereits eine Neuheit. Multidisziplinäre Teams haben den Vorteil, ihr Wissen und ihre Methoden miteinander teilen und sich so gegenseitig inspirieren zu können. Das haben wir auch im Workshop beobachten können: Gemischte Teams mit Teilnehmenden aus unterschiedlichen Unternehmens- und Design-Disziplinen, in Junior-, Medior- und Senior-Positionen haben sich mit ihren Standard-Methoden und Erfahrungen schnell inspiriert.
Der richtige Zeitpunkt, um neue Methoden auszuprobieren
Kribbelt es bereits in den Fingern, etwas Neues auszuprobieren? Dann bleibt nur noch die Frage nach dem richtigen Zeitpunkt. Denn nicht immer passen die Umstände. In unserem Workshop haben wir die Teilnehmenden gefragt, was sie für einen guten oder schlechten Zeitpunkt halten, um neue Methoden auszuprobieren. Dies waren einige ihrer Antworten:
Eine gute Zeit, um etwas Neues auszuprobieren
- Wenn es in der Planung neuer Projekte bereits mit eingeplant wurde
- Wenn es ausreichend Raum und Zeit gibt, um zu scheitern, und das Team resilient genug ist, damit umzugehen
- Wenn man die Experimente als Teil des professionellen Lernens sieht
- Wenn das Team zu viel „Groupthink“ zeigt und eine frische Perspektive braucht
- Wenn andere Methoden nicht verfügbar sind oder nicht funktionieren
Eine schlechte Zeit, um etwas Neues auszuprobieren
- Wenn keinerlei Extra-Ressourcen verfügbar sind
- Wenn der Projektumfang keinerlei Raum für Neues lässt
- Wenn man für eine/n neue/n Kund:in arbeitet und hohe Erwartungen (Professionalität) erfüllen muss
- Wenn das Team keine Übereinstimmung findet, etwas Neues zu wagen
- „Idealerweise ist es nie eine schlechte Zeit.“
Aus meiner Erfahrung kann ich viele dieser Antworten teilen. Ich halte es zusätzlich für wichtig, dass ein Großteil des Teams die Ambition teilt, etwas Neues auszuprobieren. Auf diese Weise finden sich häufig gemeinsam Wege, etwas mehr Zeit aufzuwenden, um sich an eine neue Methode heranzuwagen und die verschiedenen Fähigkeiten des Teams hierfür zu nutzen. Experimente müssen schließlich nicht immer groß sein. Auch inkrementelle Veränderungen, etwa ein wenig mehr Storytelling in die nächste Präsentation einzubauen, können leicht umgesetzt werden und bessere Ergebnisse erzielen.
Einfach machen
Zu guter Letzt bleibt noch der Mut, den man aufbringen muss, um Neues zu wagen. Möglicherweise wird man manchmal komisch angeschaut, weil die gewählte Methode so unkonventionell ist. Man wird scheitern, aber daraus lernen. Und manchmal wird man auch Erfolg haben, sehen, dass andere tatsächlich nicht nur den Inhalt verstanden haben, sondern auch, was dies für sie selbst, für das Unternehmen, für Kund:innen bedeuten würde. Man sieht, dass andere die von uns vermittelten Inhalte selbst in Taten umsetzen können. Das sind die Erfolge, auf die man sich stützen kann, wenn man etwas Neues ausprobieren möchte.
Verfasst von:
Lea Herzfeld
Lea kombiniert Empathie mit Strategie, analytische Fähigkeiten und ein kreatives Mindset. Sie versteht sich als Co-Designerin von Produkten und Services. Mit ihrer Erfahrung in den Bereichen der Kollaborations- sowie Designmethodiken, arbeitet sie ko-kreativ mit Nutzenden, Kunden*innen und Mitarbeitenden zusammen.